Hinweise zur Therapie

Vorbehandlung

Die Vorbehandlung dient zur Herstellung hygienischer Verhältnisse. Die Einstellung und Sicherstellung einer einwandfreien häuslichen Oralhygiene durch den Patienten bietet eine wirksame Unterstützung zur Plaquekontrolle, da hierdurch das Plaquewachstum und vor allem die Plaquevitalität reduziert werden kann.

Parodontitistherapie

1. Konservative Parodontitistherapie

Ziel der Parodontitistherapie ist es, die pathogenen Bakterien zu eliminieren bzw. in ihrer Anzahl drastisch zu reduzieren. Die mechanische Infektionsbekämpfung (Scaling und Wurzelglättung) dient der Entfernung aller supra- und subgingivalen Biofilm- und Zahnsteinablagerungen.
Um eine Wiederbesiedlung bereits behandelter Parodontien durch pathogene Bakterien aus noch nicht behandelten Parodontien zu vermeiden, sollte die mechanische Infektionsbekämpfung der gesamten Dentition innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Zusätzlich erhält der Patient auf seine individuelle Situation angepasste Mundhygiene-Instruktionen.

2. Adjuvante (begleitende) Antibiotikatherapie

Bei schweren Parodontalerkrankungen kann eine adjuvante Antibiotikatherapie das Ergebnis der konservativen Parodontitistherapie verbessern3, 6-9, 17, 20. Es sollte primär das Antibiotikum gewählt werden, das sich bei der vorliegenden Infektion in klinischen Studien als wirksam erwiesen hat (Tabelle 1).

Keimspektrum  Antibiotikum
Aggregatibacter actinomycetemcomitans (A.a.) und evtl. andere Metronidazol und Amoxicillin
Porphyromonas gingivalis (P.g.), Tannerella forsythia (T.f.), Prevotella intermedia (P.i.) Metronidazol

Tabelle 1: Auswahl von Antibiotika bei vorliegendem Keimspektrum, basierend auf klinischen Studien7, 9, 18, 20.


Die Antibiotikagabe (Dosierungsempfehlungen siehe Tabelle 3) sollte direkt nach Entfernung der supra- und subgingivalen Biofilm- und Zahnsteinablagerungen erfolgen und kann von einer kurzzeitigen Anwendung einer 0,2%-igen Chlorhexidin-Mundspülung begleitet werden.

Liegen Unverträglichkeiten gegen bestimmte Antibiotika vor, so sollten Alternativantibiotika verabreicht werden. Bei ungesicherter klinischer Datenlage sollten diejenigen Antibiotika ausgewählt werden, für die bei systemischer Gabe in der Gingivalflüssigkeit Wirkstoffkonzentrationen beschrieben wurden, die höher sind als die in vitro ermittelten minimalen Hemmkonzentrationen.

Keimspektrum* A.a. T.f. P.g. P.i. F.n.
Amoxicillin + + ++    
Metronidazol   ++ + + ++
Ciprofloxacin +        
Doxycyclin   +      
Clindamycin   ++      
Metronidazol und Amoxicillin** + ++ ++ + ++
Metronidazol und Ciprofloxacin** + ++ + + ++

+ = 10faches der MHK90
++ = 100faches der MHK90
** = von Einzelwerten abgeleitet

Tabelle 2: Wirkstoffkonzentrationen verschiedener Antibiotika in der Gingivalfluüssigkeit nach systemischer Einnahme. Ausgedrückt als Vielfaches der minimalen Hemmkonzentration (MHK90; in vitro) gegen die verschiedenen parodontalpathogenen Keime1, 4, 5, 10-16, 19.

* Mit Carpegen® Perio Diagnostik werden die Erreger Aggregatibacter actinomycetemcomitans (A.a.), Porphyromonas gingivalis (P.g.), Tannerella forsythia (T.f.), Treponema denticola (T.d.), Fusobacterium nucleatum (F.n.) und Prevotella intermedia (P.i.) identifiziert. Aufgrund der äußerst schwierigen Kultivierung sind für Treponema denticola keine MHK-Werte bekannt.


Antibiotikum Dosierung (Erwachsene) Dauer
Metronidazol 3 x 400 mg/Tag 7 Tage
Metronidazol und Amoxicillin (kombinierte Gabe) 3 x 400 mg/Tag
3 x 500 mg/Tag
7 Tage
7 Tage
Amoxicillin 3 x 500 mg/Tag 14 Tage 
Metronidazol und Ciprofloxacin (kombinierte Gabe) 2 x 500 mg/Tag
2 x 250 mg/Tag
7 Tage
7 Tage
Ciprofloxacin 2 x 250 mg/Tag 10 Tage
Clindamycin 4 x 300 mg/Tag 7 Tage
Doxycyclin 1 x 200 mg/Tag dann
1 x 100 mg/Tag
1 Tag
18 Tage

Tabelle 3: Dosierungsempfehlungen für die Antibiotikatherapie bei Erwachsenen2. Bei Kindern sind die Dosierungen dem Körpergewicht anzupassen.


Bedeutung der Gesamtkeimzahl

Die Gesamtkeimzahl kann, je nach Art der Probenentnahme, um mehrere Größenordnungen schwanken. Für eine sachgerechte Therapie ist deshalb nicht nur die absolute Zahl pathogener Keime in der Probe entscheidend, sondern auch ihr Anteil an der Gesamtkeimzahl. Beispielsweise sind 103 Keime Tannerella forsythia bei einer Gesamtzahl von 108 Keimen in der Probe (entsprechend einem Anteil von 0,001% T.f.) mit mechanischer Therapie noch gut beherrschbar. Enthält die Probe aber eine Gesamtkeimzahl von 105 Keimen (entsprechend 1% T.f. in der Probe), ist eine gezielte Antibiose anzuraten.

 

Sehr niedriger Pathogenanteil an der Gesamtkeimzahl: mechanische Therapie

 

Hoher Pathogenanteil an der Gesamtkeimzahl: antibiotische Therapie

Reevaluation

Eine klinische parodontale Befunderhebung sollte 4-6 Wochen nach der mechanischen Infektionsbekämpfung erneut durchgeführt werden, um den Behandlungserfolg festzustellen. Zur Beurteilung des mikrobiologischen Behandlungserfolges und als prognostisches Hilfsmittel zur Vermeidung von Rezidiven sollte ebenso ein erneuter Erregernachweis nach der antibiotischen Therapie erfolgen. Eine nicht ausreichende Reduktion der Erregerlast wird so frühzeitig erkannt, so dass entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können.

Erhaltungstherapie

Für die Erhaltung des Langzeiterfolges ist eine unterstützende Parodontitistherapie unabdingbar. In 3- bis 6-monatigen Abständen (Recall) sollte neu akkumulierter supra- und subgingivaler Biofilm und Zahnstein entfernt werden. Remotivation und Reinstruktion des Patienten zur Durchführung einer adäquaten und wirkungsvollen Mundhygiene sind regelmäßig durchzuführen. Der Therapieerfolg sollte durch Erhebung eines parodontalen und ggf. mikrobiellen Befundes einmal im Jahr kontrolliert werden. Sollte sich zeigen, dass die Erkrankung weiterhin progredient ist, können weitere Antibiotikatherapien nach durchgeführtem Erregernachweis indiziert sein.

Literatur

Das Literaturverzeichnis zu den Hinweisen zur Therapie ist in unserer Ärzte-Informationsbroschüre enthalten, die Sie mit unserem Bestellformular anfordern können.