Mikrobiom-Analyse: Zukunft in der Parodontitis-Diagnostik?

DNA-Analysen des Mikrobioms: Eine Herausforderung für die Bioinformatik
Foto: Pixabay/geralt
In den letzten Jahren ist das Mikrobiom, also die Gesamtheit aller in einem Ökosystem vorkommenden Mikroorganismen, immer mehr in den Fokus der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit gelangt.
Neue molekularbiologische Analyseverfahren, allen voran das sogenannte „Next-Generation-Sequencing“ (NGS), ermöglichen die Analyse des Mikrobioms und geben so einen Überblick über alle Bakterienarten, die in einem bestimmten Habitat des menschlichen Körpers, z.B. im Darm oder in der Mundhöhle, vorkommen.
Verschiedene Forschergruppen haben sich in der jüngeren Zeit auch mit dem Mikrobiom der Parodontaltaschen beschäftigt. Als Ergebnis dieser Studien wurde vereinzelt postuliert, dass der heute übliche Ansatz, ausgewählte Markerkeime bei Parodontitis zu analysieren, nicht effektiv sei, da nur eine Erfassung aller Mikroorganismen im Mundraum es ermöglichen würde, die Wirksamkeit der gewählten Therapie zu erkennen.
Hierzu äußert sich der Mikrobiologe Max Koltzscher, Laborleiter der Carpegen GmbH und Experte für molekularbiologische Diagnostik wie folgt: „Sicherlich ist die Ätiologie der Parodontitis überaus komplex und es lassen sich eine Vielzahl von bakteriellen Spezies in parodontalen Taschen finden, wie die neuen „Next-Generation-Sequencing“-Studien zeigen. Ein Nachweis aller dieser Erreger mit dem Ziel der Optimierung und Überwachung einer Parodontaltherapie ist jedoch aus verschiedensten Gründen heute noch nicht zielführend: Weder lässt sich das klinische Bild einer spezifischen Zusammensetzung des Mikrobioms zuordnen, noch kann die heute verfügbare Bioinformatik die enormen Datenmengen mit Relevanz für die Parodontitistherapie auswerten.“
Außerdem: Auch die aufwändigen Mikrobiom-Studien zeigen, dass bei schweren Parodontitiden und fortgeschrittener Umwandlung des subgingivalen Biofilms sich insbesondere auch die Bakterienarten stark vermehren, die Sokransky schon in den 1990ern mit Parodontitis assoziierte – die Keime des orangen und roten Komplexes. Und das sei auch nicht überraschend, so der Wissenschaftler: „Die Ergebnisse jahrzehntelanger wissenschaftlicher Forschung zu diesen Pathogenen werden ja nicht ungültig, nur weil es seit einiger Zeit die Möglichkeit zu ungerichteten Mikrobiom-Analysen gibt. Zukünftige Studien werden zeigen, ob die weiteren identifizierten Bakterien ein so hohes pathogenes Potenzial besitzen wie die klassischen Markerkeime, oder ob sie überwiegend opportunistische „Trittbrettfahrer“ sind.“
„Mit validierter und quantitativer mikrobiologischer Diagnostik, wie z.B. Carpegen Perio Diagnostik, lässt sich die Umwandlung des Biofilms durch den Nachweis einiger Marker-Pathogene zuverlässig erkennen. Gleichzeitig erfüllt die Diagnostik die Kernforderung zur Resistenzvermeidung: die Auswahl des richtigen Antibiotikums mit Wirksamkeit auf die infrage kommenden Erreger und mit möglichst schmalem Wirkungsspektrum und wenig Nebenwirkungen“, so Koltzscher. Dies würden auch die Grundsätze der Antibiotikatherapie der „Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie“ am Robert Koch-Institut betonen: „Die mikrobiologische Diagnostik hat einen hohen Stellenwert, da nur bei Kenntnis des ursächlichen Erregers die bestmögliche Therapie durchgeführt werden kann.“